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Gentherapie

Medizin informiert

Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Gentherapie geben Anlass zur Hoffnung, dass bisher unheilbare Erkrankungen in Zukunft behandelt werden könnten.

Diagnose und Behandlung erblich bedingter Netzhauterkrankungen

Forschungsergebnisse aus dem Bereich der Gentherapie geben Anlass zur Hoffnung, dass bisher unheilbare Erkrankungen in Zukunft behandelt werden könnten. Die Netzhaut (Retina) als komplexer Lichtsensor der menschlichen „Augenkamera“ ist anfällig für Erbkrankheiten. Daher ist dieser Ansatz auch für die Augenmedizin interessant. Denn erblich bedingte Netzhauterkrankungen, wie etwa Retinitis Pigmentosa, sind die häufigste Ursache für Erblindung im Kindes- bzw. Jugendalter in Industrie- und Schwellenländern, auch wenn nur einer von 3.000 Patienten davon betroffen ist. Bisher wurden fast 300 kausale Gene für erbliche Netzhauterkrankungen identifiziert. Die Erforschung dieser teils sehr unterschiedlichen Krankheitsbilder und die Entwicklung geeigneter Therapien ist eine enorme Herausforderung.

Anlaufstelle

An der Universitätsklinik für Augenheilkunde am AKH Wien findet man auf Ebene 8i die Ambulanz für erbliche Netzhauterkrankungen, die von Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Markus Ritter geleitet wird. Ihr Schwerpunkt ist die exakte Diagnosestellung mittels modernster klinischer und molekulargenetischer Untersuchungsmethoden, um Patienten mit erblichen Netzhauterkrankungen und deren Familien optimal betreuen zu können. Betroffene werden beraten, ob eine Behandlung mit einer zugelassenen Therapie sinnvoll ist und erhalten Infos über laufende klinische Studien, an denen sie teilnehmen können. Die englische Website [http://clinicaltrials.gov](https://clinicaltrials.gov/ "http://clinicaltrials.gov") listet sämtliche großen internationalen Studien für alle medizinischen Bereiche samt Kontaktdaten auf. „Die Konsultation der Website sollte gemeinsam mit einem Facharzt erfolgen, um sicherzugehen, dass keine Ausschlusskriterien vorliegen und eine Teilnahme möglich ist“, empfiehlt Ritter.

Ein Beispiel für eine der sehr wenigen seit längerem behandelbaren erblich bedingten Netzhautdystrophien ist die Atrophia Gyrata. Sie beginnt in der Jugend mit Nachtblindheit, schreitet mit einer Gesichtsfeldeinschränkung fort und ruft später einen zentralen Sehverlust hervor. Hier kann bei frühzeitiger Diagnose das Fortschreiten der Erkrankung mittels diätischer Therapie verzögert werden.

Klinische Studien

Einen völlig neuen, anderen Therapieansatz stellt die Gentherapie dar. Bereits 2007 wurden in Philadelphia (USA) und London klinische Studien zur Behandlung von Patienten mit erblichen Netzhauterkrankungen mit Gentherapie begonnen. „Ende letzten Jahres wurde in den USA dann diese von der Firma Spark Therapeutics weiterentwickelte Gentherapie mit dem Namen Luxturna zugelassen“, berichtet Markus Ritter. „Diese Behandlung ist bei einer seltenen, frühkindlichen Netzhauterkrankung wirksam, die auf einem Defekt des Gens RPE65 beruht.“ Aufgrund eines fehlenden Enzyms werden die Sinneszellen in der Netzhaut allmählich zerstört, was zur Erblindung führt. Bei der Behandlung mit Luxturna wird eine korrekte Kopie des RPE65-Gens in Virenhüllen verpackt und unter die Netzhaut injiziert, wo das Enzym nach der Infektion wieder produziert werden kann. Es ist bislang unklar, wie lange der Effekt anhält, man geht derzeit allerdings von mindestens drei Jahren aus.

Bei den meisten in Studien getesteten Patienten verbesserte sich das Sehvermögen bei schlechten Lichtverhältnissen signifikant, zudem verbesserte sich die Fähigkeit sich in einem Hinderniskurs zu orientieren. Obwohl kein Effekt auf die Sehschärfe im Hellen nachgewiesen werden konnte, verbesserte sich insgesamt die Lebensqualität der Mehrzahl der Patienten deutlich. „In Österreich könnte mit Luxturna vermutlich 10-20 Patienten geholfen werden“, grenzt Ritter die Anzahl der Betroffenen ein. Im Gespräch mit dem Experten wird klar, dass zwischen Diagnose und Behandlung oder gar Heilung noch eine große Kluft geschlossen werden muss. Denn die Entwicklung teurer Therapien, die nur wenigen Menschen helfen, ist für die Pharmaindustrie wenig lukrativ.