Interview Jungautor David Tritscher
Kunst & Kultur, Persönlichkeiten, Mitglieder
Der junge Autor mit Sehbehinderung David Tritscher im Interview.
„ich bleib ich. so wie ich bin, sowie ich immer war, so werde ich bleiben. für immer bleib ich ich.“ Das sind die Worte von David Tritscher. Der junge Autor mit Sehbehinderung ist 23 und Mitglied bei der Hilfsgemeinschaft. David Tritscher kommt aus Wien und hat mit seinen Texten 2017 als bis zu dem Zeitpunkt jüngster Preisträger den Literaturpreis Ohrenschmaus für Autor:innen mit Lernschwächen gewonnen. Ende des letzten Jahres hat er seinen Gedichteband „bergschreiber“ veröffentlicht, den er in Kals im Mountain Ressort Gradonna von Martha Schultz geschrieben hat. Sie hat David und die gesamte Familie zum Schreiben eingeladens. Sie hat den Gedichtband auch finanziert. Davon gibt’s übrigens auch eine Hörbuchfassung. David schreibt über die großen Themen des Lebens, wie Angst, Zukunft oder Klimakrise. Wieso er alles klein schreibt, warum er den Literaturpreis Ohrenschmaus wichtig findet und welche Themen ihm als Teil der Generation Z mit Behinderung im Diskurs fehlen.
Hilfsgemeinschaft: Hallo David, könntest du dich kurz vorstellen?
David Tritscher: Klar, ich bin 23 Jahre alt und schreibe aus Leidenschaft. Aktuell beginne ich ein Praktikum im Kindergarten und suche gleichzeitig nach Jobs. Ich habe bereits ein Praktikum dort absolviert.
Das Schreiben und Dichten scheint ein wichtiger Teil deines Lebens zu sein. Wann hast du damit begonnen und was motiviert dich dazu?
David Tritscher: Das Schreiben und Dichten begann als Hobby und ich würde es mir wünschen, dass es mein Beruf wäre. Nach Ohrenschmaus haben meine Texte dann mehr Aufmerksamkeit von Leuten bekommen, die einem plötzlich zugehört haben. Meine Ideen und Inspirationen kommen aus meinem Leben. Manchmal nutze ich das Schreiben, um negative Erfahrungen zu verarbeiten. Ich schreibe aber auch gerne über Umwelt- und Klimathemen oder alles, was mich bewegt. Meistens entwickelt sich das Thema, während ich schreibe. Bei mir beginnt das Schreiben immer mit dem Titel. Dann setze ich mich hin und denke über das Thema nach.
Warum schreibst du eigentlich alles klein?
David Tritscher: Mir war es immer wichtiger, mich auf den Inhalt meiner Texte zu konzentrieren, als den Beistrich richtig zu setzen. Wenn ich schreibe, möchte ich eine Botschaft vermitteln, die mein Publikum erreicht. Das was ich aussagen will, soll treffend sein.
Du hast den Ohrenschmaus Preis gewonnen. Was hast du daraus gelernt und was hast du mitgenommen?
David Tritscher: Ich habe gelernt, bescheiden zu bleiben, auch wenn ich Lob und Anerkennung erhalte. Ich muss mich weiterhin an die Schreibmaschine setzen und hart arbeiten, um dieselbe Qualität zu erreichen wie zuvor. Das war für mich ein wichtiger Lernprozess und hat mir geholfen, widerstandsfähiger gegenüber Kritik zu sein.
Dein Buch ist auch als Hörbuch verfügbar, das ist gerade für blinde und sehbehinderte Leser:innen praktisch. Welche Erfahrungen hast du mit Hörbüchern gemacht?
David Tritscher: Ich denke, dass Hörbücher für viele Menschen mit Beeinträchtigungen eine tolle Möglichkeit sind, Literatur zu konsumieren. Bei Büchern, die zu klein geschrieben sind, können Hörbücher helfen. Allerdings gibt es nicht für jedes Buch eine Hörbuchfassung.
Menschen mit Behinderungen wird oft nicht so viel zugetraut, besonders in der Literatur. Was würdest du der Literaturwelt gerne mitteilen, gerade als Autor mit Behinderung?
David Tritscher: Ja, ich habe das Thema in einem Vortrag an der Uni Wien behandelt. Mir ist es wichtig, dass Menschen mit Behinderungen auch in der Literatur gesehen werden. Nicht nur als etwas Hingeschriebenes, sondern als echte Literatur. Es wäre schön, wenn Menschen mit Behinderungen die Chance hätten, ihre Bücher zu veröffentlichen oder gehört zu werden, damit sich in der Literaturwelt neue Horizonte erschließen und Menschen mit Behinderungen das sagen können, was sie sagen wollen.
Welchen Hürden bist du als Autor mit Behinderung begegnet?
David Tritscher: Für mich war es ein Glück an dem Wettbewerb Ohrenschmaus teilzunehmen und zu gewinnen, da ich dadurch die Möglichkeit hatte, von professionellen Schriftstellern gelesen zu werden, die einen großen Namen und einen hohen Stellenwert in der Literaturwelt haben. Wettbewerbe wie Ohrenschmaus können dabei helfen, Gehör zu finden. Allerdings kann ich verstehen, dass es für andere Menschen mit Behinderungen schwierig sein kann, an solchen Wettbewerben teilzunehmen oder Gehör zu finden.
Wie siehst du die Rolle der jungen Generation im Diskurs um Behinderung?
David Tritscher: Ich glaube, dass es leider noch nicht so viele bekannte Menschen mit Behinderungen gibt. Mir fallen keine drei Personen in Österreich ein. Wenn mehr Menschen mit Behinderungen prominent werden und in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, sei es als Politiker oder als Autoren, könnte das dazu beitragen, dass die junge Generation mit Behinderungen mehr Gehör findet und gesehen wird.
Welche Themen fehlen dir im Diskurs? Was wär dir als junge Person wichtig?
David Tritscher: Es hat sich bereits viel getan, aber es gibt natürlich immer noch Hürden. Es wäre schön, wenn Menschen mit Behinderungen in der Literatur und bei der Jobsuche weniger Barrieren hätten, aber für mich ist es auch eine Normalität damit umzugehen. Ich kenn es nicht anders. Natürlich war es für mich nicht immer einfach, aber ich denke dann auch oft an Menschen, die plötzlich behindert werden. Für die ist es wahrscheinlich noch schwieriger zurechtzukommen. Ich bin es gewohnt aufzustehen, Stück für Stück bis ans Ziel. Nichts ist geschenkt.
Franz-Joseph Huainigg hat das Projekt "Ohrenschmaus" gegründet und ist durch seine politische Arbeit eine wichtige Person für viele Menschen mit Behinderungen. Wie wichtig sind für dich andere Menschen mit Behinderung als Vorbilder?
David Tritscher: Franz-Joseph Huainigg ist für mich eine sehr wichtige Person, da ich ihn kenne und seine Geschichte kenne. Ich habe viel von ihm gelernt und bewundere, wie er trotz vieler Hürden sein Ziel erreicht hat. Vorbilder wie er sind für mich extrem wichtig.
Zum Schluss, welches ist dein Lieblingsgedicht aus dem Buch "bergschreiber"?
David Tritscher: Am liebsten mag ich „So wie du will ich sein“ und „Ich bleib ich“.