Wie kommen blinde und sehbehinderte Menschen sicher durch die Stadt?
Mobilität
Todesfalle Verkehr? Was kann man selbst zur eigenen Sicherheit tun – und was tut die Stadt?
Im Juli dieses Jahres machte die Schreckensnachricht die Runde: Ein offenbar blinder Mann war in der U2-Station Schottenring auf die Gleise gestürzt und gestorben. Die Bestürzung war groß. Abgesehen vom Schock über diese Tragödie und dem Mitgefühl mit der Familie des Opfers kam bei vielen die Sorge auf, ob man selbst vielleicht auch leicht in eine ähnliche Gefahrensituation kommen könnte.
Christiane Hauck, Leiterin der Beratungsabteilung: „Wir raten unseren Mitgliedern dazu, ein Orientierungs- und Mobilitätstraining zu machen. Das richtige Gehen mit dem Langstock will gelernt sein. Häufige bzw. wichtige Wege sollten trainiert und im Laufe der Zeit auch immer wieder aufgefrischt werden.“
Wichtige Maßnahmen
Blinde und sehbehinderte Menschen, die im öffentlichen Raum unterwegs sind, brauchen Unterstützung durch Maßnahmen für Barrierefreiheit. Dazu zählen taktile Leitsysteme, akustische Ampelanlagen, akustische Warnsignale und Durchsagen bei Bus, Straßenbahn und U-Bahn.
Nach dem schrecklichen Unfall kamen Fragen auf, ob und wie diese Tragödie hätte verhindert werden können. Die Wiener Linien untersuchten den Fall auch anhand der Stationsüberwachungssysteme sehr genau und luden dann Vertreterinnen und Vertreter von Blinden- und Sehbehindertenorganisationen zu einem Runden Tisch.
Nach eingehender Analyse wurde festgestellt, dass dieser Unfall nicht zu verhindern war. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände, die den Mann ans falsche Ende des Bahnsteigs führten, wo er ins Gleisbett fiel. Der Zugführer versuchte durch eine sofortige Notbremsung den Unfall zu verhindern, was jedoch nicht gelang. Dennoch bleibt die Frage, wie man solche Situationen entweder von vornherein verhindern bzw. was man in der Situation tun kann, um zu helfen.
Wie man richtig reagiert
Wenn man beobachtet, dass eine Person über den Bahnsteigrand auf das Gleisbett stürzt, sofort den Zugnotstopp betätigen!
Auf der Website der Wiener Linien finden sich dazu diese konkreten Hinweise:
- Laufen Sie zum grünen SOS-Zeichen am Bahnsteig. Dort finden Sie Zugnotstopp und Notruftaste.
- Ziehen Sie den Zugnotstopp. So kann kein Zug mehr ein- oder ausfahren.
- Drücken Sie die Notruftaste und sagen Sie der Leitstelle, was geschehen ist. Die Leitstelle schickt die Einsatzkräfte.
- Gehen Sie nicht auf die Gleise! Bleiben Sie in der Nähe der Person, die Hilfe braucht. Nicht allein zu sein, beruhigt.
Auf den Bahnsteigen gibt es grüne SOS-Zeichen, die anzeigen, wo sich der Zugnotstopp und der Notruf befinden. Es ist nicht verkehrt, beim nächsten Weg mit der U-Bahn einmal zu schauen, wo sich denn der Notruf befindet, damit man im Fall der Fälle weiß, wohin man sich wenden muss.
Ganz wichtig ist jedenfalls der Hinweis, sich keinesfalls selbst in Gefahr zu begeben und auf die Gleise zu springen! Auch dort gibt es allerdings Nischen, in die man sich retten kann. Das zeigen und erklären die Wiener Linien bei Sicherheitsschulungen vor Ort. Hans Jürgen Groß, Konzernbeauftragter für Barrierefreiheit, hat bereits angekündigt, wieder Sicherheitsschulungen für die Mitglieder der Vertretungsorganisationen anzubieten. Diese haben in der Vergangenheit großen Anklang gefunden und sind nun aus tragischem Anlass wieder sehr gefragt. Sobald diese Termine feststehen, informieren wir unsere Mitglieder darüber.
Außerdem wurde beim Runden Tisch beschlossen, sich im Herbst neuerlich zu treffen. Die Hilfsgemeinschaft legt großen Wert auf die Zusammenarbeit mit Entscheidungsträgern, um immer wieder auf die Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Menschen hinzuweisen. Barrierefreiheit ist der Schlüssel für selbstständige und sichere Mobilität in der Stadt.